Zum Inhalt springen

Sanctum Praeputium – die heilige Vorhaut Jesu

Jesus, als Sohn einer übernatürlichen Wesenheit und einer Jüdin, ist im Alter von acht Tagen traditionsgemäß beschnitten worden. Seitdem hat das weitere Schicksal der Vorhaut die Fantasie der Gläubigen und Theologen angeregt. Wenig verwunderlich, dass das Sanctum Praeputium (Heilige Vorhaut) eine begehrte Reliquie ist, in deren Besitz zu sein sich diverse Leute und Institutionen rühmten. Karl der Große soll sie entweder von einem Engel oder von der Kaiserin Irene von Byzanz erhalten haben. Sie soll in Antwerpen „aufgetaucht“ sein, woraufhin ihr eine eigene Kapelle errichtet wurde. Nach letztem Stand ist die Vorhaut leider verschollen.

Die heilige Vorhaut wurde regelmäßig bis 1983 bei Prozessionen öffentlich gezeigt; 1983 verschwand sie unter ungeklärten Umständen. Der britische Fernsehjournalist Miles Kington versuchte im Jahr 1997 vergeblich, die heilige Vorhaut zu finden.

(Quelle)

Mystische Akquisitionen der Vorhaut

Während der Kommunion soll die Vorhaut im Mund der Nonne Agnes Blannbekin erschienen sein, woraufhin sie diese hinuntergeschluckt habe. Dieser Vorgang habe sich etwa hundert Mal wiederholt.

Und siehe, alsbald spürte sie auf der Zunge ein kleines Häutchen nach Art eines Eihäutchens mit allergrößter Süße, das sie verschluckte. Nachdem sie es verschluckt hatte, spürte sie wieder das Häutchen auf der Zunge mit Süße, wie vorher, und verschluckte es wiederum. Und dies geschah ihr wohl hundert Mal. (…) Und es wurde ihr gesagt, daß die Vorhaut mit dem Herrn am Tag der Auferstehung auferstand. So groß war die Süße beim Kosten dieses Häutchens, daß sie in allen Gliedern und Teilen der Glieder eine süße Veränderung spürte.

(Quelle)

Interessant finde ich den Gedanken, dass die Vorhaut zusammen mit dem restlichen Leib Jesu wiederauferstanden sein soll. Immerhin muss sie zu dem Zeitpunkt bereits etwa 30 Jahre lang tot gewesen sein. Ihr Seelsorger hielt diese wunderbare Begebenheit in Vita et Revelationes schriftlich fest. Das Buch wurde auf den Index verbotener Bücher der römischen Inquisition, den Index Librorum Prohibitorum, gesetzt, wofür die Jesuiten gesorgt haben sollen.

Es gibt noch eine Geschichte über Katharina von Siena, die im Zuge einer mystischen Hochzeit einen Ring von Jesus bekommen habe. In vielen Texten wird erwähnt, dass dieser Ring das Sanctum Praeputium war, in eher kirchlich geprägten Quellen (die ich im Netz finden konnte) wird dieser Umstand hingegen nicht genannt. Katharina von Siena war die einzige Person, die diesen Ring sehen konnte. Der Finger, an dem sich der Ring befinden soll, wird als Reliqiue in der Basilica di Santa Maria sopra Minerva aufbewahrt.

Das Wirken der Vorhaut in unserer Welt

Der Kurator der Vatikanischen Bibliothek, Leo Allatius, spekulierte im 17. Jahrhundert, dass die Vorhaut mit Jesus zum Himmel aufgefahren sei und sich in einen der Saturnringe verwandelt habe.

Bemerkenswerterweise spricht diese Idee für eine diesseitigere Interpretation des Himmels, anstatt für einen jenseitigen Ort der Glückseligkeit, an dem hauptsächlich die Seelen der Verstorbenen verweilen sollen.

Wer das nächste Mal ein Bier der Klosterbrauerei Andechs genießt, darf sich der Vorhaut Jesu deutlich näher wähnen als üblich. Das Kloster Andechs hatte im Mittelalter behauptet, im Besitz dieser Reliquie zu sein. Wer kann schon sagen, ob das Brauen des Bieres an einem solcherart heilig behauchten Ort ohne Effekt auf das Getränk bleibt?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert