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Mahindra World City in Chennai – lebst du noch oder wohnst du schon abgeschottet?

Gated Communities sehe ich üblicherweise als Symptombekämpfung an. Wenn die Spannungen zwischen armen und reichen Leuten zu groß werden, weil bereits zu viel Geld von Armen zu Reichen geflossen ist, dann leisten sich die Reichen mit eben jenem Geld einen Zaun um ihre Siedlung und lassen sich von Sicherheitskräften und Technologie beschützen. Die Unternehmensgruppe Mahindra (Wert: 19 Milliarden USD) hat bereits zwei sogenannte „Mahindra World Cities“ gebaut. Geplant sind einhundert. Sie dienen in erster Linie nicht als Abgrenzung zu Armen, sondern als Wirtschaftsstandorte, in denen sich Unternehmen niederlassen und deren Mitarbeiter wohnen können. Galileo brachte folgenden Bericht über die Stadt in Chennai.

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Die Doku lässt sich mich sehr zwiegespalten zurück. Auf der positiven Seite:

  • Die Stadt ist – nicht nur für indische Verhältnisse – sehr umweltfreundlich. Sie erhielt die goldene Zertifizierungsstufe des Indian Green Building Councils. Sie ist energieeffizient, produziert selbst Energie durch Biogas und verwertet einen großen Teil des Wassers wieder. Außerdem gibt es eine Mülltrennung ähnlich wie in Deutschland (im Video bei 5:43). Die andere Mahindra World City in Jaipur ist das weltgrößte Projekt, welches das Climate-Positive-Development-Zertifikat Stufe 2 erreicht hat.
  • Kriminalität ist praktisch nicht vorhanden.
  • Die Busse in der Stadt sind kostenlos nutzbar.

Auf der negativen Seite:

  • Eine strikte Zwei-Klassen-Gesellschaft: Trennung von Reichen (die dort wohnen) und Armen (die zur Verrichtung einfacher Tätigkeiten täglich in die Stadt pendeln).
  • Ausufernde Überwachung. Zitat: „Die Leute wissen: Ich werde beobachtet. Mache ich was Falsches, zieht man mich zur Rechenschaft.“ Der Bericht zeigt eine Szene, die verrät, dass Mahindra sogar im Umkreis der Stadt, im öffentlichen Raum, Kameras installiert hat, und ihre Sicherheitskräfte ebenfalls dort agieren. Diese Kombination aus Überwachung und Kontrolle des Lebensraums durch eine demokratisch nicht legitimierte Organisation birgt die größten Gefahren. Was richtig und was falsch ist, wer belohnt und wer bestraft wird, bestimmt Mahindra.
  • Die Stadt bietet zwar Schwimmbäder, Fitness-Studios, einige Restaurants und eine Schule, aber sonst fast nichts. Die strikte Planung der Stadt erlaubt nicht die Entstehung origineller Bars oder besonderer Restaurants oder sonstiger Freizeitmöglichkeiten. Der Mangel an Vielfalt und freier Entfaltung ist sehr deutlich, was sich auch an der Struktur der Stadt und den identischen Häusern zeigt. Intellektuell und künstlerisch scheint die Stadt tot zu sein. Ein befragter Mann sagte, dass er und seine Frau in eine richtige Stadt fahren würden, um etwas zu erleben.

Ich komme zu dem Schluss, dass solche Städte in einer Demokratie keinen Platz haben. Sie sind auf den ersten Blick bequem, aber sie nehmen den Bürgern fast jegliche Gestaltungsmöglichkeit, unterwandern tendenziell mit ihrer Überwachung und der eigenen Exekutive den Rechtsstaat und ebnen der weiteren Machtausdehnung der Konzerne den Weg.

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