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Coronavirus: Das brisante Zusammenspiel aus Religion und Wissenschaft

Vorweg: Die geschilderten Fälle zeigen nicht das Verhalten der Mehrheit der jeweiligen Religionsangehörigen. Es gibt religiöse Menschen, die sehr verantwortungsvoll und aufgeklärt mit Viren umgehen.

Es gibt ein bemerkenswertes Zusammenspiel von Religion und Wissenschaft, das zur Verbreitung des Coronavirus beiträgt. Beispiele dazu finden sich vermutlich weltweit und in verschiedenen Religionen, mir sind derzeit christliche, jüdische und islamische Fälle bekannt.

Islam

Die Ableckung des Schreins

Im ersten Beispiel sehen wir Muslime, die einen Schrein ablecken. Sie tun dies umso entschlossener, weil sie vom Coronavirus wissen. Sie wollen zeigen, dass sie keine Angst davor haben (vermutlich dient dies der Demonstration des Vertrauens in Allah oder diesen heiligen Ort). Für dieses Verhalten sind zwei Dinge nötig: Das Wissen vom Coronavirus und der Glaube. Eines allein reicht nicht aus. Das Wissen vom Coronavirus allein wäre ein Grund, solches Verhalten zu unterlassen. Der Glaube allein würde dieses Verhalten nicht befeuern (das Küssen von Schreinen ist jedoch normal). Da das Coronavirus unvorstellbar klein und unsichtbar ist, müssen diese Muslime offenbar der Wissenschaft blindes Vertrauen schenken, dass es so etwas wie Viren überhaupt gibt. Das ist in gewisser Hinsicht sogar rational (auch ich habe noch nie ein Virus gesehen, aber nehme begründet an, dass es sie gibt). Paradoxerweise befähigt diese rationale Annahme von der Existenz der Viren zu diesem Vertrauensbeweis des irrationalen Glaubens.

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Coronavirus ist ein Soldat Allahs, befällt nur Ungläubige

Amed Sherwan beschreibt den Inhalt des Videos:

Diese gefangenen IS-Frauen sagen, dass Covid-19 ihnen nichts angaben kann, weil sie Gläubige sind und den Weg ihres verstorbenen Führers Abu Bakr al Bagdadi folgen. Der Virus befalle nur Kuffar. Auf die Frage der Journalistin, warum dann auch Muslime Corina bekommen, antworten sie, dass es dann nicht richtige Muslime seien, sondern Kuffar. Leute wie die kurdische Journalistin. Der Virus sei ein Soldat Allahs.

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(Geschulte Denker haben den No-True-Scotsman-Trugschluss wahrscheinlich erkannt.) Bemerkenswert finde ich, dass diese Frauen im Wesentlichen die Weltsicht des IS teilen, der sie gefangenhält. Dies lässt vermuten, dass ihr eigentliches Gefängnis die Religion ist und der Gefängniswärter die Gottesfurcht. Der Gedanke, dass das Virus ein Soldat Allahs sei, ist vielleicht passender, als diese Frauen selbst erahnen. Hamed Abdel-Samad bemerkte auf Twitter, dass das Coronavirus uns zwingen würde, Gesichtsverschleierung zu tragen, Frauen zwingen würde, niemandem mehr die Hände zu schütteln und Sänger und Tänzer zwingen würde, ihre Auftritte zu unterlassen (Musik wird von vielen als unislamisch betrachtet):

Wenn schon Desinfektion, dann halal

Für orthodoxe Muslime ist Alkohol verboten. Daher werden Desinfektionsmittel angeboten, die halal sind, weil sie keinen Alkohol enthalten. Leider helfen sie nicht gegen das neuartige Coronavirus. Oder überhaupt gegen irgendwelche Viren.

Christentum

Prediger in den USA

Einige der in den USA populären christlichen Prediger verhalten sich ähnlich. Manche behaupten, dass sie mit Jesu Hilfe die Krankheit heilen könnten. Einer ruft seine Gemeinde zu einer Art Trotzreaktion auf: „Well, I know, they don’t want us to do this, but just turn around and greet two or three people.“ Ein Kollege von ihm beschwört ebenfalls ein Feindbild herauf: „The goal, the tactic of the enemy. […] Stop us from worshipping.“ Demonstrativ nimmt er seinen Atemschutz ab, während er sagt: „And I came today to declare victory over the virus.“

Ein anderer erzählt in lächerlich machender Art und Weise: „I can’t go to church today. Why? Because I think the pastor’s going to have the virus.“ Einen Trost reicht er hinterher, falls das Virus tatsächlich tödlich sein sollte: „If we live, we live for Christ. If we die, we die for Christ. So what do you lose?“

Was natürlich in keiner Religion fehlen darf: Das Versprechen, dass die angebetete Figur, der Gott oder irgendeine mystische Kraft den Gläubigen die Heilung bringt:

  • „No plague is going to come near you, when you’re in him.“
  • „And we say, in the name of Jesus: Virus, you are illegal!“
  • „Go! In Jesus name, sickness and disease, you don’t belong!“
  • „When you take of this bread and put it in your mouth, the healing power will go through your body, from the top of your head to the soles of your feet.“
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Brasilien: Missionare fliegen zu isolierten indigenen Völkern

In den Zeiten dieser Pandemie kam wohl nicht nur mir der Gedanke, dass es nun gut wäre, in einem isolierten, von der sogenannten Zivilisation abgeschirmten Gebiet zu leben. Dort wäre man sicher.
Wenn da nicht die evangelikalen Missionare wären. Die „Mission der neuen Stämme Brasiliens“ (MNTB) hat sich für 800.000 Euro einen Hubschrauber gekauft, um während der Pandemie isoliert lebende Völker zu erreichen. Eine Ansteckung dieser von medizinischer Versorgung ausgeschlossenen Völker wird dabei in Kauf genommen.

Die Spitze der Indigenenschutzbehörde wurde in den letzten Monaten von der Regierung des rechtspopulistischen und evangelikalen Präsidenten Jair Bolsonaro entmachtet und durch regierungsnahes Personal mit Verbindungen zur MNTB ersetzt.

(ZDF)

Was für eine Farce, ausgerechnet die Spitze der Indigenenschutzbehörde zu ersetzen! Bolsonaro liefert hiermit ein weiteres schlimmes Beispiel, was religiöse Einflüsse in der Staatsführung anrichten können.

Rumänien: Kommunion mit gemeinsamem Löffel

Priester in Rumänien gaben die Kommunion mit einem gemeinsamen Löffel, wie dieser Artikel berichtet.

It wasn’t the first such footage to appear, but coming a day after the country imposed tough new measures to try to halt the spread of coronavirus, it hit a nerve. As millions across the country largely stayed inside to avoid the spread of the virus, the actions of the priests seemed to risk causing the opposite.
„Many priests have not understood what this is about, and given the fact that they didn’t have an order from the Patriarch they proceeded as usual“, said Bogdan Tanase, head of Romania’s Doctors’ Alliance.

Übersetzung:

Es war nicht das erste derartige Filmmaterial, aber einen Tag nachdem das Land harte neue Maßnahmen verhängt hatte, um die Ausbreitung des Coronavirus zu stoppen, traf es einen Nerv. Während Millionen Menschen im ganzen Land weitgehend im Haus blieben, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern, schienen die Priester mit ihrem Handeln das Gegenteil zu riskieren.
„Viele Priester haben nicht verstanden, worum es hier geht, und da sie keinen Befehl des Patriarchen hatten, gingen sie wie üblich vor“, sagte Bogdan Tanase, der Vorsitzende der Ärzte-Allianz Rumäniens.

Es ist für das Verständnis hilfreich, zu wissen, dass die Rumänisch-Orthodoxe Kirche dem Patriarchen (aktuell Daniel Ciobotea) untersteht.

Die Bibel über das Händewaschen

Jesus spricht sich extrem deutlich gegen das Händewaschen vor dem Essen aus.

1 Die Pharisäer und einige Schriftgelehrte aus Jerusalem kamen gemeinsam zu Jesus.
2 Sie hatten gesehen, wie einige seiner Jünger aßen, ohne sich die Hände gewaschen zu haben. Ihre Hände galten deshalb als unrein,
[…]
5 Deshalb fragten nun die Pharisäer und die Schriftgelehrten Jesus: „Warum richten sich deine Jünger nicht nach den Vorschriften, die uns von den Vorfahren her überliefert sind, sondern essen mit ungewaschenen Händen?“
6 Jesus gab ihnen zur Antwort: „Was Jesaja in der Schrift prophezeit hat, trifft genau auf euch Heuchler zu: ‚Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit von mir entfernt.
7 Ihr ganzer Gottesdienst ist wertlos, denn ihre Lehren sind nichts als Gebote von Menschen.'“

(Markus 1-7, Neue Genfer Übersetzung)

Ob Jesus gegen Schutzmasken war, ist nicht überliefert. Manche Leute ziehen jedoch ihre eigenen Schlüsse.

Trump möchte zu Ostern prallvolle Kirchen

Wouldn’t it be great to have all the churches full?” Trump asked. “You’ll have packed churches all over our country … I think it’ll be a beautiful time.

(CNBC)

Anwalt klagt gegen Gottesdienstverbot

Ein Münchner Anwalt verlangt per Eilantrag, dass religiöse Zusammenkünfte trotz Corona-Pandemie erlaubt sein sollen.
[…]
„Das absolute Verbot verletzt mich in meiner Religionsfreiheit.“
[…]
Er klage nicht nur als Katholik, sondern auch für andere Christen und Glaubensgemeinschaften, die den gleichen Einschränkungen unterworfen seien.

(Süddeutsche Zeitung)

Ein Impstoff wird mit Gottes Macht herbeibefohlen

Dies ist ebenfalls ein Beispiel für die eigenartige Verbindung zwischen Wissenschaft und Glaube. Der Impfstoff wird, mit Gottes Unterstützung, aggressiv gefordert. Das hilft natürlich nichts. Während dieser Fernsehpriester brüllt, sitzen Forscher konzentriert daran, einen Impfstoff herzustellen. Der Ruhm wird ihnen gebühren.
Übersetzter Auszug:

Ich richte über dich, COVID-19! […] Ich verlange, ich verlange, ich verlange … dass sofort ein Impfstoff kommt!

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Judentum

Bnei Brak lebt nach eigenen Regeln

In der sehr dicht bevölkerten (Platz 10 der Weltrangliste) Stadt Bnei Brak leben ultra-orthodoxe Juden nach ihren eigenen Regeln. Versammlungsverbote werden nicht eingehalten. Dieser Artikel gibt einige Beispiele für die Missstände, die in dieser Stadt herrschen. Mobiltelefone bekommen dort einen „Koscher“-Aufkleber, wenn sie nicht onlinefähig sind und Nachrichtendienste blockieren. Wer ein solches Mobiltelefon hat, bekam die Nachricht über seinen positiven Test auf COVID-19 jedoch nicht.
Ein Rabbi entschied, dass entgegen der ausdrücklichen Anordnung der Regierung die Tora-Schulen offen blieben. Seine Begründung: „Torah magna u’matzla“ („Die Tora beschützt und rettet“).
In den Bezirken Mea She’arim und Beit Yisrael hängt ein Poster, dass Frauen die Schuld an der Krankheit gibt. Sie sei eine Strafe Gottes, weil die Frauen nicht genug tznius (Bescheidenheit) hätten und sich nicht an die religiösen Gesetze halten würden. Sie werden aufgefordert, Buße zu tun.

Abschließend

Es ermüdet mich, diese Beispiele aufzuzählen. Ich habe nicht nach so etwas gesucht, dies ist nur ein Teil der Fälle, die mir zufällig begegnet sind. Daraus erklärt sich auch, weshalb hier viele Fälle aus dem Christentum sind, denn dieser Kulturkreis herrscht in meiner Umgebung vor. Die große Anzahl dieser Berichte bewog mich irgendwann, einige davon in einem Artikel festzuhalten.

Update 03.07.2020

Atheisten sterben seltener an Covid-19 als Gläubige. Am häufigsten sterben Muslime. Meines Wissens ist dies der erste Fall, in dem ein Gegenbeweis zu einer behaupteten Strafe Gottes auftaucht. Zum Beispiel wurde in den USA häufig Homosexuellen die Schuld an Erdbeben oder Wirbelstürmen gegeben, da diese eine Strafe Gottes für das Verhalten der Homosexuellen seien. Ebenso beim Coronavirus. Niemand konnte das Gegenteil beweisen. Jetzt ist es aber passiert, dass die Hetze gegen eine Gruppe, in diesem Fall zum Großteil Ungläubige, und das Schüren der Furcht vor Gott/Allah sich als auf falschen Annahmen basierend herausgestellt haben.

Quelle: times.co.uk

 

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