Es ist nicht ganz unbekannt, dass Allmacht paradox ist. Dies wird häufig mit folgendem Gedankenspiel illustriert (meistens ist der christliche Gott gemeint):
Kann Gott einen Stein erschaffen, der so schwer ist, dass er ihn selbst nicht heben kann?
Falls er diesen Stein erschaffen könnte, gäbe es also einen Stein, den Gott nicht heben könnte, folglich wäre Gott nicht allmächtig. Könnte Gott einen solchen Stein nicht erschaffen, wäre er ebenfalls nicht allmächtig.
Mir gefällt dieses Beispiel nicht, was aber nicht primär daran liegt, dass es das Bild von Gott als einem mit Steroiden aufgepumpten Muskelberg heraufbeschwört, der mit bis zum Zerreißen angespannten Sehnen versucht, einen Stein anzuheben. Ich finde generell, dass dieser Bezug auf das Physische nicht gut zu einem übernatürlichen Wesen passt, welches allein mit Gedanken oder Wörtern (Im Anfang war das Wort) Welten erschaffen kann. Daher schlage ich das Nachdenken über folgende Fragen vor:
- Kann ein allmächtiges Wesen ein lösbares Rätsel erschaffen, das es selbst nicht zu lösen vermag?
- Kann ein allmächtiges Wesen im Regelwerk menschlicher Mathematik beweisen, dass 2 + 2 = 5 aber gleichzeitig 42 ist?
- Kann ein allmächtiges Wesen einen geräuschlosen Knall erzeugen, von dem es selbst noch tagelang Tinnitus hat?
Irgendwo habe ich als Antwort auf die Paradoxität der Allmacht mal gelesen, dass ein allmächtiges Wesen nicht an Logik gebunden sei. Das Problem an dieser Antwort ist: Eine Demonstration der Allmacht außerhalb der Logik könnte auch nicht als Beweis funktionieren, denn die Gültigkeit des Beweises könnte nur mittels Logik festgestellt werden. Ganz allgemein muss jegliche Argumentation der Logik folgen, sonst wäre sie vergebens.
Gelesen habe ich auch die naheliegende Idee, dass ein allmächtiges Wesen einen Kreis mit Ecken erschaffen könne. Dies ist unmöglich, weil das Abstraktum Kreis auf eine bestimmte Art definiert ist. Ein Kreis ist definiert als die Menge aller Punkte einer Ebene, die einen konstanten Abstand zu einem vorgegebenen Punkt dieser Ebene haben. Sollte ein allmächtiges Wesen eine Form präsentieren, die eine Ecke hat, dann ist es per Definition kein Kreis – und wir Menschen haben die Hoheit über diese Definition. Und doch bliebe dem allmächtigen Wesen noch ein Ausweg: Es könnte den Beobachter geistig verwirren und einfach glauben lassen, dass er gerade einen eckigen Kreis sähe. Somit würde zwar nicht die Logik selbst eingeschränkt, aber die Fähigkeit, logisch zu denken. Diese Verwirrung der Beobachter ist für ein hinreichend mächtiges Wesen ohnehin viel einfacher zu bewerkstelligen als die tatsächlichen Aufgaben, die ihm zum Beweis seiner Allmacht gestellt werden. Praktisch relevant sind solche Überlegungen deswegen nicht. Sollten wir jemals meinen, den Beweis von Logik überwindender Allmacht gesehen zu haben, können wir die äußerst wahrscheinliche Möglichkeit nicht ausschließen, dass wir getäuscht wurden. Dies gilt übrigens nicht nur für uns als bewusste und denkende Wesen. Jedes System, das am Beweis der Allmacht beteiligt wäre, könnte manipuliert werden.
So ist Allmacht selbst schon ein Paradox. Doch die besten (und oft auch unterhaltsamsten) Paradoxa lassen sich bilden, indem man eine möglichst starke Selbstbezüglichkeit herstellt und auf die grundlegenden Regeln des Systems abzielt. Auf diese Art bilde ich eine etwas allgemeinere Frage:
Kann ein allmächtiges Wesen beweisen, dass es nicht allmächtig ist?
Die Beantwortung dieser Frage überlasse ich dem Leser als Übung.
Also wenn ich eine Simulation programmiere, bin ich in dieser Simulation allmächtig? Schließlich kann ich alles nach meinen Wünschen ändern. Wenn ich dann den erwähnten schweren Stein erschaffe, ist die Frage nicht, wie schwer der Stein ist, sondern welche Präsenz ich in meiner Simulation habe.
Keine Ahnung, ob das eine der oben gestellten Fragen beantwortet, aber zum weiterdenken… 😉
Ein guter Gedanke! Als Erschaffer einer Simulation bist du allmächtig, du könntest sogar die Gesetze der Logik darin ändern. Philosophisch relevant wird das ganze aber erst, wenn bewusste Wesen in der Simulation leben (ab diesem Punkt sollte man von „Realität“ statt „Simulation“ reden) und deine Allmacht untersuchen wollen. Sie werden leider vor den gleichen Problemen stehen.
Zwischen der Erschaffung eines Steins, den du nicht heben kannst, und dem tatsächlichen Heben des Steins müsstest du jedenfalls die Logik oder Parameter ändern. Aber wenn du ihn dann höbest, wärest du ebenso gescheitert, wie wenn du zugäbest, ihn nicht heben zu können. Dieses elementare Problem bleibt bestehen.
Ich finde, das ist zu eng gedacht.
Ein andere Gedanke: Kann ein Mensch einen Stein heben, der eine Tonne wiegt? Von sich aus sicher nicht, aber er kann sich einen Kran bauen, mit dem das geht. –> kann er dann, oder kann er nicht? So gesehen ist der Mensch wieder Ebenbild Gottes.
Der Allmachtsbeweis scheitert meiner Ansicht nach an der Prämisse, Gott in die Logik unseres Systems zu zwängen. Ware er dieser Logik unterlegen, wäre er nicht allmächtig. Doch wenn er außerhalb dieser Logik steht, kann man es mit dieser Logik eben nicht beweisen.
Aber in einem gebe ich Dir Recht: Unterhaltsam sind diese Paradoxa allemal 🙂
Das Kran-Argument ist recht raffiniert. Ich wende jedoch ein: Es kann nichts geben, das auch nur in einem Aspekt mehr Macht hat als ein allmächtiger Gott, denn dies verstieße gegen die Definition von Allmacht. Wenn der Stein prinzipiell gehoben werden kann, dann kann ein allmächtiger Gott das auch höchstpersönlich (und wenn er sich dazu selbst in einen Kran verwandeln müsste 😉 ).