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Berichterstattung zu Pablo Hasél: Den Quellen zu fern

Als ich in der Tagesschau von den Protesten zugunsten Pablo Haséls erfahren habe, war ich auch erst auf seiner Seite. Es geht ja um Meinungsfreiheit, und der Vorwurf der „Beleidigung der Monarchie“ erschien mir fast so lächerlich wie Blasphemie. Mittlerweile bin ich nicht mehr auf seiner Seite, denn der Bericht der Tagesschau war subtil irreführend, wie eine quellennähere Recherche ergab. Konkrete Zitate des Rappers hätten sehr geholfen, sich ein realistisches Bild zu machen.
Er sympathisiert deutlich mit der Terror-Organisation ETA, aber auch mit der deutschen RAF, und fordert direkt zur Tötung von konkreten Personen auf („Jemand soll José Bono einen Eispickel in den Kopf stecken.“)

Dass er auch noch einen Zeugen bedroht hat, diskreditiert ihn völlig. Das muss in einem Rechtsstaat schwer geahndet werden.
Nach deutschen Maßstäben gelten viele seiner Aussagen als Hassrede und Hetze und sind tatsächlich strafbar. Ich wusste nicht, dass in Spanien noch über so etwas diskutiert wird.

Der Verdacht drängt sich auf, dass die 200 Künstler, die ihn öffentlich unterstützen, nur hip sein wollen und nicht wirklich wissen, was für Aussagen sie da verteidigen. Vielleicht hat es seinen Reiz, dass Pablo Hasel seine Texte mit anti-faschistischer Gesinnung salonfähig macht und gegen die Elite aufbegehrt. Das entschuldigt aber nicht seine Mordaufrufe und Terror-Verherrlichung.

Während ich in Sachen Meinungsfreiheit besonders liberal bin und Zensur oder Löschungen auch seltener toleriere als viele andere Leute, habe ich eine klar definierte Grenze bei Aufforderung zur Gewalt gegen namentlich genannte Personen oder Gruppen. Ich bin deswegen auch gespannt, wie Spanien solche Äußerungen in die Meinungsfreiheit einbetten will, falls den Protesten nachgegeben wird.

Einige Zitate

Hier findet sich eine spanische Liste der Texte, die dem Gericht vorliegen. Mit Hilfe von deepl.com habe ich ein paar übersetzt:

„Ich habe kein Mitleid mit deinem Schuss in den Hinterkopf, Pepero.“

„Jemand soll José Bono einen Eispickel in den Kopf stecken.“

„Ich bevorzuge Grapos gegenüber gutaussehenden Menschen. [efn_note]“gutaussehende Menschen“ = „Guapos“, ein rap-typisches Spiel mit der Phonetik.[/efn_note] Mein Bruder betritt die PP-Zentrale [efn_note]Partido Popular[/efn_note] und ruft ‚Heil ETA!'“

„Er hat es auch verdient, dass man ihm ein Messer in den Unterleib sticht und ihn auf einem Platz aufhängt“.

„Sollen sie ihm das Hirn wegblasen und seine Asche auf die Tür der Paeria legen“.

Faule Berichterstattung

Meine Recherche nach den Quellen wurde durch einen Reddit-Beitrag angestoßen, dessen Inhalt ich überprüfen wollte. Zu meiner großen Enttäuschung enthielt keiner der deutschsprachigen Artikel (Beispiel im Spiegel), die ich zu dem Thema fand, komplette wörtliche Zitate. Aus irgendeinem Grund wurde der schädliche Aufwand betrieben, stark zu paraphrasieren, obwohl das Einfügen einiger der Zeilen des Rappers einfacher, sachlicher und journalistisch ehrbarer gewesen wäre. Ich habe den Eindruck bekommen, dass voneinander abgeschrieben worden ist. Dies ist eine Routine, die anscheinend in diesem Fall dazu geführt hat, dass selbst die Journalisten nicht mehr nach Primärquellen gesucht haben.

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